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Vom Business-Coach zum Sozialarbeiter

Eigentlich lief es für Giordano Guarino ziemlich gut in seinem Job bei einem Tochterunternehmen einer Bank. Doch mit der Zeit kamen ihm Zweifel an der Sinnhaftigkeit seiner Tätigkeit. Jetzt arbeitet der Sozialarbeiter als Wohngruppenleiter und Stellvertreter der Wohnverbundsleitung im Wohnverbund Marl-Sinsen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).

Giordano Guarino entscheidet sich für Menschen mit Hilfebedarf

Giordano Guarino entscheidet sich für Menschen mit Hilfebedarf

Marl-Sinsen (lwl). Eigentlich lief es für Giordano Guarino ziemlich gut in seinem Job bei einem Tochterunternehmen einer Bank. Von einem anfänglichen Studentenjob im Backoffice hatte er sich in eine Führungsposition hochgearbeitet und den Schulungs- und Trainingsbereich für Mitarbeitende aufgebaut. Doch mit der Zeit kamen ihm Zweifel an der Sinnhaftigkeit seiner Tätigkeit. Der damals 35-Jährige entschloss sich, sein Studium der Sozialen Arbeit wiederaufzunehmen, das er zugunsten des Jobs aufgegeben hatte. Jetzt arbeitet der Sozialarbeiter als Wohngruppenleiter und Stellvertreter der Wohnverbundsleitung im Wohnverbund Marl-Sinsen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Ein großer Schritt für den es gute Gründe gab:

Herr Guarino, Sie haben sich in ihrer Firma von einem studentischen Mitarbeiter in eine Führungsposition hochgearbeitet und sich mit 35 Jahren trotzdem für einen Wechsel in den sozialen Bereich entschieden. Wie kam es dazu?
Giordano Guarino: Über die Jahre hatte ich gemerkt, dass das Menschenbild in dieser Branche nicht mit meinem übereinstimmt. Mir fehlte unter anderem die Wertschätzung der einzelnen Mitarbeitenden. Nach meiner viermonatigen Elternzeit und etwas Abstand von der Arbeit wurde mir klar, dass ich in meiner Tätigkeit keinen nachhaltigen Sinn sehe. Mir fehlte der soziale Aspekt. Deshalb hatte ich mich entschlossen, mein Studium fortzusetzen.

Nach vier Semestern hatten Sie Ihren Abschluss in der Tasche. Danach haben Sie sich sofort auf eine Stellenanzeige des LWL-Wohnverbundes Marl-Sinsen beworben. Was gefällt Ihnen an Ihrer Tätigkeit?
In den von mir betreuten Bereichen leben Menschen mit einer geistigen Behinderung und herausfordernden Verhaltensweisen. Ich kann hier dazu beitragen, das Leben unserer Bewohner:innen so selbstbestimmt wie möglich zu gestalten und ihnen Teilhabe zu ermöglichen. Dazu gehört es auch, sie - wenn nötig - bei alltäglichen Abläufen wie dem Essen zu unterstützen. Es liegt in unserer Hand, ihnen ein schönes Zuhause zu bieten. Denn das ist der Wohnverbund für sie. Viele unserer Bewohner:innen haben keine Angehörigen mehr, wir sind für sie daher wichtige Bezugspersonen, ihre „Familie“. In diesem Umstand liegt eine große Verantwortung, die ich aber gerne annehme. Außerdem empfinde ich mich als Lobbyist unserer Bewohner und Bewohnerinnen. Ich liebe es, zu netzwerken. Zu guter Letzt macht mir die Arbeit im Team und die Führung eines Teams sehr großen Spaß. Ich freue mich, wenn ich sehe, wie meine Kolleg:innen sich weiterentwickeln und wie wir gemeinsam den Wohnverbund zukunftsgerichtet aufstellen. 

Haben Sie den Schritt in den sozialen Bereich je bereut?
Auf gar keinen Fall. Auch wenn ich manchmal nach der Arbeit erschöpft bin und ich oftmals vor großen Herausforderungen stehe, weiß ich doch, dass mein Job hier sinnstiftend ist. Wir sind hier die Lobby unserer Bewohner:innen.

 

Hintergrund
Der LWL-Wohnverbund Marl-Sinsen betreut an seinen Standorten in Marl, Haltern, Herten und Dorsten mehr als 200 Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen und Hilfebedarfen.
www.lwl-wohnverbund-marl-sinsen.de